
Ostern mal anders
Nach einer ruhigen Nacht mit ausreichend Schlaf starten wir in den Ostersamstag. Mir geht es gut und es sind keine weiteren Nebenwirkungen aufgetreten, ich freue mich auf den Tag. Unsere Kinder kommen uns besuchen und jeder bringt etwas für den Osterbrunch mit. Carsten hat in der letzten Woche reichlich Brötchen gebacken für das gemeinsame Essen und es ist schön, dass wir alle zusammen sein können. Das Wetter scheint es in diesem Jahr ebenfalls gut mit uns zu meinen, denn im Laufe des Vormittags reißt der Himmel auf und die Sonne strahlt. Das wird dann wohl das erste Mal sein, dass wir seit unserem Großelterndasein die Ostergeschenke im Garten verstecken können. Schön für unseren kleinen Sonnenschein, schade für mich, da ich durch meine Beinfraktur mit den Krücken nicht schnell und einfach so überall hinlaufen kann. Aber ich beobachte das Treiben von der Terrasse aus und sie hatte so viel Freude dabei. Als sie alle versteckten Geschenke und Eier gefunden hatte, begann sie die Eier aus ihrem Körbchen wieder im Garten zu verstecken, die die Erwachsenen dann suchen mussten. Dabei half sie natürlich und zeigte, wo sich ungefähr das Ei befinden könnte. Wir haben viel gelacht und verbrachten alle zusammen noch einen sehr entspannten Nachmittag, mit dem von mir selbst gebackenem Erdbeerkuchen und viel Schlagsahne.
Unsere Enkelin blieb mit ihren Eltern über Nacht, da sie am Sonntag von uns aus zu einem weiteren Familienbesuch nach NRW starteten. Der Familienhund sollte in dieser Zeit bei uns bleiben, da er das Autofahren nicht so sehr mag. Da wir sowieso nichts für den Ostersonntag geplant hatten, war das auch kein Problem und für den Hund sowieso entspannter. Es ist ein sonniger Tag, den wir mit etwas Gartenarbeit verbringen. Unter meiner Anleitung entfernt Carsten das Unkraut aus den Blumenbeeten. Nicht dass er das nicht allein kann, aber er kümmert sich nicht darum, welche Blumen ich wo eingesetzt habe. Für ihn sind alle kleinen grünen Pflanzen dann vielleicht Unkraut, da die Natur gerade erst so richtig erwacht. Es ist so schwer für mich hier nichts tun zu können, gerade jetzt wo es im Garten endlich wieder losgeht. Aber es ist auch schön zu sehen, wie alle Pflanzen wachsen und gedeihen, der Garten sieht jedes Jahr anders aus und das mag ich sehr.
Mir geht es gut in diesen Tagen, ich habe keine weiteren Nebenwirkungen von der letzten Chemo oder der Zometa-Infusion, was mich sehr freut und natürlich auch erleichtert. Denn ich bin mit gemischten Gefühlen in diesen erneuten Zyklus gestartet. Mein Beinbruch scheint ebenfalls gut zu verheilen, ich lege das Bein sehr oft hoch und kühle, aber Schmerzen habe ich keine mehr. Einen kleinen Schreckmoment gab es dennoch. Jeden Morgen suche ich gemeinsam mit Carsten meine Kleidung für den Tag aus. Als ich am Kleiderschrank stehe und einen Schritt auf meinen drei Beinen nach hinten gehen will, stürze ich mit samt den Krücken nach hinten um. Da ich das operierte Bein sowieso nicht belasten darf, halte ich es meistens oberhalb des Bodens. So auch bei diesem Sturz. Das Bein war oben und ich saß unten auf dem Teppich. Carsten sah mich erschrocken an und ich überprüfte zunächst erst einmal, ob ich mir irgendwas getan habe. Offensichtlich nur der Schreck über den freien Fall und ein minimaler Schmerz in der linken Hand, aber alles nicht schlimm. Er stellte mich wieder auf die Beine und ich ging ins Bad. Ich werde so froh sein, wenn diese Zeit mit den Gehstützen endlich vorbei ist.
Den Ostermontag verbringen wir ebenfalls sehr entspannt zu Hause. Am Morgen rasieren wir nochmals meinen Kopf, da die Haarstoppeln doch sehr ungleichmäßig verteilt sind und ich noch ein paar kahle Stellen habe. Vielleicht ist es das letzte Mal und ich kann bald meine Haare wieder wachsen lassen. Ich bin schon gespannt, wie diese aussehen werden. Ebenso mache ich mir bereits Gedanken über einen möglichen Haarschnitt – ganz kurz oder so ähnlich wie vor meiner Chemo? Auf jeden Fall finde ich den jetzigen Zustand auf meinem Kopf nicht schlimm, sondern sehr pflegeleicht. Ich brauche weder Shampoo noch irgendwelche anderen Pflegeprodukte, die morgendliche Reinigung mit einem feuchten Lappen ist vollkommen ausreichend.
Seit Ostern ist es nun auch so weit, dass ich für meine ZWEI Tabletten am Tag eine Tablettenbox benutze, da ich die Einnahme schon zweimal vermasselt habe. Ich hatte mir vor Längerem schon eine Wochenbox zugelegt, die jetzt zum Einsatz kommt. Da merke ich das ich älter werde und auch vergesslicher. Seit der Chemo ist das ganz extrem und mich plagen auch Wortfindungsstörungen. Ich habe im Kopf, was ich meine, kann es aber nicht aussprechen, weil mir das Wort in dem Moment nicht einfällt. Carsten schaut mich dann immer fragend und mit aufgerissenen Augen an. Vielleicht kommt es auch daher, dass ich viele Dinge selbst tue und somit niemandem etwas erklären muss. Zurzeit komme ich mir vor wie ein Erklärbär, da Carsten meine Haushaltsroutinen mit bewältigen muss und ich natürlich auch gewisse Ansprüche an die Umsetzung habe. Das wird hoffentlich bald alles wieder normal werden.