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Auch das noch

Am Donnerstag schrieb ich noch von unserer Glückszahl und einen Tag später ist es auch schon wieder vorbei mit dem vermeintlichen Glück. Es ist Freitag und ich habe morgens noch ein paar Einkäufe erledigt, bevor ich meinen Kontrolltermin bei meiner Hausärztin wegen der Thrombose hatte. Es wird zunächst erst einmal nichts weiter unternommen, solange ich in der Krebstherapie stecke. Danach können wir schauen, ob ich eine Blutgerinnungsstörung habe, die zu dieser Thrombose geführt hat und ich dadurch ein erhöhtes Risiko habe. Geht alles aber erst, wenn ich die Blutverdünner abgesetzt habe. Ich erzählte ihr ebenfalls von meinen Schmerzen im rechten Fuß, die mich seit ein paar Wochen plagen. Sie vermutet einen Fersensporn und gibt mir eine Überweisung in die Radiologie. Da Carsten am Nachmittag sowieso einen MRT-Termin in der Radiologie in Limburg hat, fahre ich einfach mit, um das Röntgen direkt zu erledigen. Die Schmerzen sind teilweise so heftig, dass ich kaum laufen kann. Dazu sollte es aber an diesem Tag nicht mehr kommen.

Ich sitze entspannt im Esszimmer auf einem Stuhl in der Sonne, da es mir draußen zu kühl ist. Die Waschmaschine signalisiert mir das Ende und ich stehe auf, um die Wäsche zu holen. Da passiert es – mein rechter Fuß, mit dem ich zuerst auftrete, ist eingeschlafen und versagt seinen Dienst. Ich versuche mich abzufangen und stolpere mit dem linken Fuß und da knackt es auch schon im linken Knöchel. Ein Schrei von mir Richtung Carsten, der oben im Büro sitzt und ich lasse mich auf den Boden sinken, da ich befürchte, dass mein Kreislauf zusammensackt. Der Knöchel ist durch, das spüre ich. Carsten ruft sofort die Rettung, die wenige Minuten später bei uns eintrifft. Gefühlt dauert es für mich eine Ewigkeit, denn so langsam setzt der heftige Schmerz ein. Kein Wunder, denn mein Fuß steht im 45 Grad Winkel nach links außen. Aufgrund meiner starken Schmerzen, wird dann noch ein Notarzt nachgeordert, da mir die Rettungssanitäter keine Schmerzmedi geben dürfen. Mein ganzer Körper zittert, wahrscheinlich vom Schock und ich muss mich zwingen unter Schmerzen ruhig zu atmen bis der Notarzt da ist. Er gibt mir Morphium und es wird erträglicher. Dann erfolgt die Lagerung auf der Trage und schon geht´s los mit dem Rettungswagen in Richtung Notaufnahme in Limburg. Die Rettungssanitäterin, die hinten neben mir sitzt, heißt ebenfalls Sabine und wir unterhalten uns ganz angeregt.

Um 12.15 Uhr treffen wir dort ein und das Warten geht los. Irgendwann kommt ein Arzt, der sich meinen Knöchel anschaut und ich frage ihn, ob ich mir meine Spritze für die Leukos geben darf, die wir in einer Kühltasche mitgenommen haben. Mit dem Versprechen sich zu erkundigen und dem Hinweis für die Schwester, dass ich zum Röntgen muss, verlässt er den Raum. Alles dauert seine Zeit, denn es ist ziemlich voll in der Notaufnahme. Ich muss noch dreimal nachfragen, ob ich mich spritzen darf, bis ich das Go bekomme. Gegen 14.00 Uhr steht fest, dass es sich um eine Fraktur von Schien- und Wadenbein nah am Knöchel handelt. Ich benötige eine OP und werde erstmal stationär aufgenommen. Na prima, meinen Freitag hatte ich mir anders vorgestellt. Auf Station angekommen, erhalte ich noch eine AirCast-Schiene und der Arzt, der mich auch in der Notaufnahme behandelt hat, erklärt mir, dass ich am Samstag zunächst wieder nach Hause kann und die OP später erfolgen wird. Man muss zunächst abwarten, bis die Schwellung am Knöchel nachlässt, um operieren zu können. Darauf vertraue ich jetzt einfach mal. Ich überlege sowieso mich in der Hochtaunusklinik in Bad Homburg operieren zu lassen, um eventuell auch die Chemo weiterführen zu können. Das wird sich aber alles erst am kommenden Montag klären.

Nach einer schlaflosen Kliniknacht, auch weil der Hubschrauber um 1 Uhr direkt unterhalb meines Fensters gelandet ist, darf ich am Samstag um 11 Uhr die Klinik verlassen – mit ein paar Krücken, Schmerztabletten und dem Hinweis, dass kein Entlassbrief geschrieben werden konnte, da heute Morgen die Visite von einem Leiharzt gemacht wurde und er mich als Patientin nicht kennt und den Brief nicht schreiben kann. Die Hochtaunusklinik soll sich telefonisch auf der Station in Limburg melden, falls sie den Brief benötigen. Na das kann was werden, wenn ich Montag nur mit einem Aufnahmeschreiben aus der ZNA und den Röntgenbildern in Bad Homburg auftauchen werde. Carsten fährt mich mit einem Rollstuhl zum Auto, da ich noch ziemlich unsicher mit den Unterarmstützen unterwegs bin, eine wackelige Angelegenheit, an die ich mich noch gewöhnen muss.

Der Gedanke nun die nächsten Wochen auf Hilfe angewiesen zu sein, ist für mich schwer zu ertragen. Aber ändern kann ich es nicht. Ich muss nach vorn schauen und nicht zurück, denn ungeschehen kann ich das alles jetzt nicht mehr machen. Es lief doch gerade alles so gut.