
Wie sag ich´s der Familie?
Direkt am Abend nach Bestätigung der Diagnose, rief ich bei meinen Eltern an und überbrachte die Nachricht. Meine Mutter reagierte geschockt, aber auch sehr zuversichtlich und gefasst. Schließlich hatte ihre eigene Mutter den Brustkrebs besiegt und ist nicht daran gestorben. Dieser Zuspruch durch sie hilft mir sehr. Man braucht Menschen in seinem Umfeld, die einen stärken und nicht schwächen. Da mein Vater bei solchen Dingen sehr emotional ist und große Verlustängste hat, wird meine Mutter den Part des Nachrichtenüberbringers übernehmen. Danke Mama!
Der schwierigere Teil steht mir allerdings noch bevor – wie sage ich es unseren drei erwachsenen Kindern. Heute ist Samstag und am Abend kommen alle bei uns zum gemeinsamen Essen zusammen. Ich habe einen Plan im Kopf und bin irre aufgeregt, die Nervosität in mir steigt. Alle sitzen am Tisch, die Stimmung ist sehr ausgelassen, wie immer – 8 Erwachsene und unsere Enkeltochter mit ihren 2,5 Jahren. Mit Carsten hatte ich vereinbart, dass er sich um unsere Enkelin in einem Nebenraum kümmert, wenn ich mit den Kindern spreche, damit sie die Emotionalität nicht so mitbekommt. So geschieht es auch – die Kleine ist schon nebenan und Carsten folgt ihr, das ist meine Chance.
Ich beginne zu reden und merke den Kloß, der mir im Hals steckt. Die Reaktion am Tisch ist wie erwartet – alle sind geschockt. Ich rede und rede, bringe positive Argumente und merke, wie sich meine Anspannung löst. Am Tisch ist es sehr leise, alle starren vor sich hin und sind betroffen. Ich hab es endlich hinter mir, Erleichterung macht sich in mir breit. Unsere Töchter beginnen Fragen zu stellen und das gibt mir ein gutes Gefühl. Wir weinen, ein wenig, und liegen uns in den Armen. Nur mein Sohn ist immer noch wie eingefroren. Ihn hat das mächtig getroffen und ich tröste ihn oder besser gesagt uns beide, denn gerne hätte ich eine schönere Nachricht überbracht. Das Krebs unsere Familie einmal direkt betreffen würde, hätte ich niemals gedacht. Nun müssen wir uns damit abfinden und hoffen, dass wir hier gut durchkommen – als Ehepaar und als Familie.
Nun folgen noch meine Schwiegereltern und meine Schwägerin, die im letzten Jahr selbst an Brustkrebs erkrankt ist. Betroffenheit, aber irgendwie auch eine Verbundenheit im gleichen Schicksal. Wir trösten uns alle damit, dass man es gemeinsam durchstehen kann.