
Eine Woche der Arzttermine
Auf das entspannte Wochenende folgt eine Woche mit Arztterminen, die sich in die wöchentliche Chemo und Blutentnahme einreihen. Mit etwas Frühsport startete ich in die neue Woche. Mir geht es gut und bis auf das sehr lästige unkontrollierbare Nasenbluten habe ich kaum nennenswerte Nebenwirkungen. So kann es gern die letzten sieben Wochen bis zum Ende der Chemo bleiben. Mein Energielevel ist gut und ich erledige noch ein paar Dinge im Büro – es ist Monatsanfang und die Kundenrechnungen müssen raus und auch der Monatsabschluss muss an den Steuerberater übermittelt werden. Ich habe meine Routinen dafür und kann den Umfang dieser Arbeiten gut abschätzen. So wie es meine Kräfte zulassen, erledige ich das alles. Carsten bietet mir immer wieder an, Dinge davon zu übernehmen. Das finde ich sehr nett, aber in der Zeit, in der ich ihm alles erklären müsste, habe ich es direkt selbst erledigt.
Ebenfalls auf meinem Schreibtisch liegt die nächste Rechnung der Apotheke und vom Taxiunternehmen. Bei beiden muss ich zuzahlen und das nicht zu knapp. Insgesamt habe ich in den ersten beiden Monaten bereits 300 Euro für Medikamente und Taxi zugezahlt. Eine Zuzahlungsbefreiung durch die Krankenkasse kommt aufgrund der Höhe unseres Einkommens nicht infrage. Aber ich kann nur jedem empfehlen, der sich in solch eine Therapie begeben muss, dies auch prüfen zu lassen. Es kommen sehr schnell mehrere hundert Euro an Eigenbeteiligung zusammen. Ich werde mir einen Teil über die Einkommensteuererklärung wieder zurückholen oder in unserem Fall gewinnmindernd anrechnen lassen.
Mein erster Arzttermin in dieser Woche ist die Kontrolle beim Kardiologen. Vor dem Start der Chemotherapie musste eine Ultraschalluntersuchung des Herzens durchgeführt werden, um auszuschließen, ob Vorschädigungen oder Risiken bestehen. Die Chemotherapie belastet den gesamten Körper in einem extrem hohen Maß und das Herz benötigt hier besondere Aufmerksamkeit. Diesen Termin hatte ich Anfang Dezember im letzten Jahr und nach drei Monaten erfolgt eine Nachkontrolle. Bis zur Praxis sind es gut dreißig Kilometer mit dem Auto. Diesen Termin nehme ich allein und ohne Carstens Begleitung wahr. Es ist keine weite Strecke und ich traue mir das auch zu, aber unter den jetzigen Gegebenheiten, mit dem ständigen Nasenbluten ist dies schon für mich eine besondere Situation. Es geht alles gut und auch der Herzultraschall stellt den Arzt und mich zufrieden, es gibt keine Auffälligkeiten oder Veränderungen unter der Chemotherapie. Ich frage ihn auch, wie lange ich den Thrombosestrumpf am Arm noch tragen muss – wahrscheinlich so lange wie der Port liegt, da ich offensichtlich ein erhöhtes Thromboserisiko habe. Die Pillen, die ich dafür schlucke, sind bereits die Maximaldosis. Ich hatte insgeheim gehofft den Strumpf loszuwerden, da er an warmen Tagen sehr lästig ist und ich darunter schnell schwitze. Und schön sieht er obendrein nicht aus, dieser hellbraune Überzieher.
Dennoch macht der Arzt eine Anmerkung, die mir den Tag versüßt. Da ich mittlerweile fast überall nur noch mit Glatze auftauche, trage ich auch in der Arztpraxis keine Mütze oder Perücke. Ich bin geschminkt und trage eine meiner Fakebrillen, die mit dem Fensterglas ohne Sehstärke. Er schaut mich an und sagt, dass ich eine sehr schöne Kopfform habe und mir die Glatze richtig gut steht. Das geht mir natürlich runter wie Öl. Wann bekommt ein Krebspatient in einer Chemotherapie solch ein Kompliment für sein Aussehen. Das tut richtig gut und gibt mir noch mehr Selbstvertrauen in mein Auftreten ohne Kopfbedeckung. Leicht beschwingt und natürlich auch erleichtert, verlasse ich die Praxis mit einem erneuten Termin zur Kontrolle in drei Monaten.
Auf den Arztbesuch am Dienstag folgt ein weiterer Arzttermin am Mittwoch bei meiner Frauenärztin, die jährliche Krebsvorsorge steht an. Auch wenn ich mich derzeit in einer Krebstherapie befinde, sollen die anderen Vorsorgeuntersuchungen nicht vernachlässigt werden. Wir fahren also direkt nach meiner wöchentlichen Blutentnahme in der Klinik zur Praxis nach Frankfurt. Da wir noch etwas Zeit haben bis zum Termin, setzen wir uns in eine Bäckerei und frühstücken erst einmal. Für mich gibt´s ein Eibrötchen – ich liebe Eibrötchen. Danach gehe ich in die Praxis und Carsten wartet in der Bäckerei auf mich. Wie so oft in den letzten Tagen bin ich auch diesmal wieder ohne Mütze unterwegs. Meine Frauenärztin zollte mir für mein Selbstbewusstsein ohne Perücke hier zu sein ihren absoluten Respekt. Interessiert fragt sie mich, ob ich das überall so mache und ich bejahe dies. Das findet sie großartig und auch mein farbiger Kleidungsstil gefällt ihr gut. Ich wurde heute bei der Blutentnahme ebenso schon auf mein Outfit angesprochen und meine Antwort darauf war – es ist doch die Frühlingswoche bei diesen Temperaturen und Zeit für gute Laune. Ich falle auf und mir gefällt´s.
Bei der Frauenärztin ist so weit alles in Ordnung und sie erklärt mir auch direkt, wie es mit der Nachsorge bei ihr weitergeht, wenn ich die adjuvante Therapie, die mit der OP in der Klinik voraussichtlich abschließt, hinter mich gebracht habe. Somit werde ich dann hoffentlich Ende des Jahres mit allem durch sein, als krebsfrei aus dem Brustzentrum entlassen und mich zur Nachsorge in ihre Hände begeben können.
Wieder zu Hause angekommen, nutze ich das schöne Wetter und meine Kräfte für ein wenig Gartenarbeit. So langsam wird es Frühling und ich freue mich darauf. Später mache ich mit Carsten noch einen ausgiebigen Spaziergang. Allerdings muss ich mir dringend noch Mützen für´s Frühjahr zulegen, denn unter den Wintermützen komme ich ganz schön ins Schwitzen. Und bis wieder Haare auf meinem Kopf wachsen, muss ich die Glatze im Freien vor der Sonne und teilweise auch noch vor der morgendlichen Kälte schützen.