
Alltag & Routine
Seit fast drei Monaten ist unser Alltag bestimmt von Arztbesuchen, Chemotherapie und Nebenwirkungen verursacht durch die Chemo. Letztens wurde mir die Frage gestellt, ob so eine Therapie irgendwann Routine wird. Meine Antwort ist JA. Auch wenn das im ersten Moment befremdlich klingen mag, aber wenn man diese Therapie nicht in den eigenen Alltag integriert und eine gewisse Routine entwickelt, versucht man aus meiner Sicht und der bisherigen Erfahrung immer gegen den Strom zu schwimmen. Und das kostet unnötig Kraft. Im Kopf muss ankommen, dass der Kampf um das eigene Leben der neue Tagesinhalt ist und eine gewisse Priorität hat. Die anderen alltäglichen Dinge werden dann in die freien Kapazitäten und Tage verschoben. Selten nutzt man die Chance, seine Routinen des Lebens zu hinterfragen und Neue zu integrieren. Mit dieser Diagnose wird man dazu gezwungen.
Der Grat, auf dem man sich als Patient bewegt ist sehr schmal, denn einerseits wird geraten der Krankheit nicht zu viel Raum zu geben und den Alltag weiter zu leben. Aber andererseits müssen Krebspatienten sehr schnell mit dem Erhalt der Diagnose umschalten und sich von dem bisherigen Leben irgendwie verabschieden. Die Krankheit bestimmt zwangsläufig den Alltag. Ich finde die neue Routine mit der Therapie nicht schlimm, da ich auch weiß, dass sie zeitlich begrenzt sein wird. Aber diese neue temporäre Routine hilft mir bei der Planung meines Lebens mit der Therapie. Immerhin fünf Tage in der Woche stehen mir komplett zur eigenen Gestaltung zur Verfügung. Ich mache also einfach das Beste daraus.
Seit ich den neuen Chemococktail bekomme, überwiegen die guten Tage mit meinem körperlichen Befinden und wir verabreden uns endlich mal wieder mit Freunden. Ob ein gemeinsames Frühstück oder ein Abendessen – unser Kalender hat neben den Therapietagen noch Platz für die schönen Dinge des Lebens. Darüber freuen wir uns sehr, denn das war schon eine sehr große Einschränkung nicht mehr frei planen zu können, da es mir zeitweise sehr schlecht ging. Auch Unternehmungen zu zweit lassen sich nun wieder besser planen und geben uns ein Stück Freiheit und altes Leben zurück. Und ich glaube, auch das trägt dazu bei, die neue Routine mit der Therapie besser akzeptieren zu können.