
Wie geht es Dir?
So beginnen oft viele Gespräche und es freut mich, dass mein Umfeld sich dafür interessiert. Größtenteils geht es mir wirklich gut. Aber es gibt auch Tage, an denen ich einfach keine Power habe, schnell außer Atem bin, mein Kreislauf verrückt spielt und ich einfach keine Lust habe mich farbenfroh zu kleiden geschweige denn mich zu schminken. An manchen Tagen kann ich mich nicht einmal aufraffen nach draußen zu gehen. Mein Bild in der Öffentlichkeit ist sicher oftmals ein anderes, denn wenn ich unterwegs bin und mich aufgepimpt habe, sieht man mir die letzten schlechten Tage sicher nicht mehr an.
Wie erging es mir nun in den letzten Tagen? Der Tod eines Familienmitgliedes hat den Geburtstag meines Mannes am Freitag überschattet. Dennoch sind alle Kinder zu uns gekommen und wir hatten doch einen schönen, den Umständen entsprechenden, Abend. Wir haben gemeinsam mit den Kindern einen Luftballon mit persönlichen Grüßen in den Himmel geschickt, uns weinend in den Armen gelegen, Trost gespendet, aber auch Gespräche geführt, die nichts mit dem Tod und schon gar nicht mit meiner aktuellen Situation zu tun haben. Normalität ist für uns alle wichtig. Der Abend war für mich dann doch recht anstrengend, da ich die Nacht zuvor wieder sehr schlecht geschlafen hatte und ich bin, nachdem alle gefahren waren, direkt auf der Couch eingeschlafen. Hier zeigt mir mein Körper doch immer wieder auf, dass es Grenzen gibt. Außerdem habe ich seit über einer Woche nachts Halsschmerzen und tiefes Einatmen fällt mir teilweise schwer, da es direkt einen Hustenreiz auslöst. Eine Erkältung bricht aber nicht richtig aus. Bisher habe ich versucht es mit Ingwer und Zitrone zu bekämpfen, jetzt gehe ich zu Grippostad über in der Hoffnung es nun endlich in den Griff zu bekommen, bevor ich zu meiner Hausärztin gehen werde.
In diesem, dem zweiten Chemozyklus, hält sich in den ersten Tagen sehr hartnäckig der metallische Geschmack im Mund. Das ändert sich oft auch im Laufe des Tages. Wer das selbst noch nicht erlebt hat, kann es eigentlich nicht nachvollziehen. Corona hatte als Nebenwirkung den Verlust des gesamten Geschmacks – auch nicht schön. Aber wenn alles inklusive Wasser nach Metall schmeckt, dann vergeht einem förmlich die Lust am Essen und Trinken. Das trifft mich ebenfalls und ich habe in den letzten zwei Monaten bereits sieben Kilo abgenommen. In meinen gesunden Zeiten hätte ich mich sehr darüber gefreut, aber im Moment ist jedes Kilo weniger nicht gut für meinen Körper, da wichtige Energie für das Durchhalten der Therapie und Abwehren von Krankheiten fehlt. Das aktuelle Gewicht muss jede Woche im Brustzentrum angegeben werden und bei Bedarf hat man die Möglichkeit eine Ernährungsberatung hinzuziehen zu können, wenn es kritisch werden sollte. Bisher habe ich das noch nicht in Anspruch genommen, denn Appetit habe ich, aber das Essen schmeckt manchmal eben nicht so wie ich es kenne.
Es liegen jetzt noch insgesamt zehn Chemos vor mir. Meine Hände und Füße sind unverändert – noch keine Anzeichen für eine Verstärkung der Polyneuropathie. Hoffen wir, dass es so bleibt. Und noch eine schöne Nachricht in Richtung Verbindung zu anderen Krebspatientinnen. Zur Chemo am letzten Donnerstag erhielt ich von der Brustschwester Heike, die mich von Anfang an betreut, einen Flyer zu einem Auftakt-Patiententreffen für Krebspatienten der gynäkologischen Ambulanz. Geplant ist das Ganze für Ende April und sie hatte mich bereits im Vorfeld gefragt, ob ich Lust hätte daran teilzunehmen. Natürlich habe ich großes Interesse daran. Es ist außerhalb unserer aller Therapiezeit und ebenfalls außerhalb der Räumlichkeiten der Ambulanz. Ich erhoffe mir davon, mit anderen Patientinnen intensiver in Kontakt zu kommen und Schwester Heike wünscht sich, dass ich anderen Mitpatientinnen ein wenig Mut mache und von meinem eigenen offenen Umgang mit der Diagnose und der Therapie erzähle. Ich hatte ihr von meiner Teilnahme am Schminkkurs für Krebspatienten und meinem geplanten professionellem Fotoshooting in München erzählt. Wenn das Auftakttreffen gut läuft und das Interesse weiterhin besteht, dann wird es eine Fortsetzung geben. Solche Treffen gab es vor vielen Jahren schon einmal, aber aufgrund fehlender Räumlichkeiten nach dem Umzug in das neue Klinikgebäude mangelte es an einem ungestörten und schönen Ort. Das Café der grünen Damen des Hauses bietet jetzt die Möglichkeit und eignet sich wohl perfekt dafür. Ich bin gespannt und freue mich sehr darauf.