Allgemein

MEIN Krebs – DEIN Krebs….

…..ist nicht gleich UNSER Krebs!!

Ich befinde mich jetzt seit zwei Monaten in der akuten Krebstherapie. In dieser Zeit habe ich bereits viel über mich selbst, aber auch über mein Umfeld gelernt. Ich erhalte viel Zuspruch für die Art, wie ich mit meiner Krebserkrankung umgehe, gefolgt von gut gemeinten Ratschlägen und Tipps für die Therapie und meine seelische Gesundheit. Dafür bin ich sehr dankbar und picke mir immer das heraus, was gerade zu meiner jetzigen Situation passend ist. Jeder Tag ist neu und jeder Tag in einer Krebstherapie ist anders. Und damit wäre ich dann auch an dem Punkt angelangt, den ich einfach loswerden muss, da er mich teilweise sehr ärgert.

Mal angenommen – zwei Frauen im gleichen Alter mit unterschiedlichen Wohnorten bekommen die Diagnose Brustkrebs. Sie kennen sich nicht. Sie haben etwas gemeinsam bei dieser Diagnose, es ist ein hormonsensibler Brustkrebs und sie haben keine Metastasen im Körper, das heißt der Tumor hat noch nicht gestreut. Das war es dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Das Tumorgewebe wird zu Beginn und dem Verdacht einer Krebsdiagnose im Labor auf verschiedene Parameter untersucht. Anhand dieser Ergebnisse gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten und ab da beginnt sich das Ganze zu unterscheiden. Jeder Tumor ist anders – zum einen schon in seiner Ausbreitung, wächst er schnell oder langsam, ist er aggressiv oder nur mittelmäßig aggressiv, wie hoch ist die Sensibilität auf bestimmte Hormone, wie hoch ist der Score der Wachstumsrezeptoren. Im Anschluss daran wird im Bedarfsfall der sogenannte OncotypeTest durchgeführt, bei dem das Tumorgewebe noch eingehender untersucht wird. Dieser Test ergibt am Ende einen Score, der das Risiko beurteilt, an einem Rezidiv zu erkranken, also erneut Krebs zu bekommen. Und auch diese Ergebnisse können bei beiden Patientinnen unterschiedlich sein.

Die beiden Frauen starten also auf Empfehlung der Ärzte mit einer Chemotherapie. Aber Chemo ist nicht gleich Chemo. Es gibt verschiedene dieser Chemiecocktails und auch in der Reihenfolge der Verabreichung gibt es Unterschiede. Ebenso verschieden ist die Einnahme von Begleitmedikamenten gegen die Nebenwirkungen während der Chemo. Die Ärzte und Brustzentren bekommen allgemein gültige Empfehlungen für die Krebstherapie, lassen natürlich aber auch eigene Erfahrungen mit einfließen. Die Nebenwirkungen einer Chemo sind vielfältig, aber auch hier kann man nicht voraussagen, welche einen selbst treffen werden. Jede Patientin hat andere Nebenwirkungen mit unterschiedlichen Ausprägungen und Intensitäten. Somit gibt es auch in diesem Punkt kaum Gemeinsamkeiten bei den beiden Frauen, die an einem hormonsensiblen Brustkrebs erkrankt sind.

Und ganz am Ende dieser Auflistung stehen die beiden Frauen mit ihren ganz individuellen Körpern. Sie haben verschiedene Lebensweisen, unterschiedliche Vorerkrankungen und auch genetisch sind sie nicht gleich. Jede von ihnen geht anders mit der Diagnose um und auch ihr Umfeld hat einen maßgeblichen Einfluss darauf, wie erfolgreich eine Therapie sein kann oder eben nicht. So individuell wie jeder Mensch auf dieser Erde ist, so ist auch jede einzelne Krebserkrankung und die dazugehörige Therapie individuell.

Also bitte liebe Mitmenschen hört auf den Krebspatienten inklusive mir zur erzählen, dass die Nachbarin auch Brustkrebs hatte und es ihr in der Therapie immer gut ging und sie den Krebs besiegt hat. Zum einen wisst ihr gar nicht, welche Therapie sie bekommen hat und ob es ihr wirklich immer so gut ging damit. Oftmals erzählen wir Patienten auch nicht darüber, dass es uns nicht gut geht. Wir versuchen nicht immer nur schwach zu sein, was uns teilweise eine große Überwindung kostet. Mit der Diagnose müssen wir lernen NEIN zu sagen und ganz intensiv auf unseren Körper zu hören. Wenn es uns gestern oder am Montag im letzten Chemozyklus noch gut ging, heißt das nicht, dass es heute oder montags immer so ist. Wir beurteilen die Verfassung unseres Körpers und auch unseres seelischen Zustandes jeden Tag aufs Neue. Auch das Essen schmeckt nicht jeden Tag gleich – mal gibt es einen metallischen Beigeschmack und mal funktionieren die Geschmacksnerven wieder super. Und eine allgemeine Appetitlosigkeit macht einen geselligen Abend mit leckerem Essen nicht zwangsläufig zu einem schönen Event.

Der Aktivitätsradius eines Krebspatienten begrenzt sich teilweise auf die eigene Homebase und die behandelnden Ärzte. Bei unerwarteten medizinischen Zwischenfällen oder sehr heftigen Nebenwirkungen möchte man einfach schnell dort sein, wo die eigene Patientenakte und somit Vorgeschichte bekannt sind. Aus diesem Grund vermeide ich zum Beispiel derzeit auch weitere Ausflüge oder Besuche. Übernachtungen außer Haus sind ebenfalls eine Herausforderung, da nicht jede Nacht gleich ist. Ich werde oft geplagt von Hitzewallungen, allgemeiner Unruhe und Schlaflosigkeit. Am nächsten Tag ist das Energielevel dementsprechend niedrig. Aber auch das kann ich nicht pauschal und im Vorfeld beurteilen.

Abschließend kann ich deshalb nur sagen: MEIN Krebs – DEIN Krebs ist definitiv nicht UNSER Krebs. Jeder Krebs und jede Therapie ist ebenso individuell wie wir Menschen. Es macht uns Krebspatienten traurig, wenn wir pauschal mit anderen verglichen werden und wir nicht als Individuum wahrgenommen werden.