
Zauberhafte Auszeit
Gemeinsame Auszeiten sind im Moment nur selten möglich. Wir müssen die guten Tage aber genau dafür nutzen, um uns als Paar nicht zu verlieren und ein wenig Alltag aufkommen zu lassen. Aus diesem Grund hatte ich vor ein paar Tagen spontan Tickets für eine Magiershow in Limburg gekauft in der Hoffnung, dass der Donnerstag ein körperlich guter Tag für mich ist. Als i-Tüpfelchen für diesen Abend wäre ebenfalls ein Besuch in einem Sushi-Restaurant perfekt. Mal schauen, ob mein Plan aufgeht und sich mein Wunsch erfüllt.
Es ist Donnerstag, Tag sieben nach der Chemo und es geht mir richtig gut. Morgens war die wöchentliche Blutkontrolle bei meiner neuen Hausärztin. Alle Blutwerte sind so weit für den Therapieverlauf in Ordnung, nur die Leukozyten fallen unter der Chemotherapie ab und liegen aktuell bei 2,6. Normal sind bei einer gesunden Frau 4-11. Da die Leukozyten für unsere Immunabwehr zuständig sind, muss dies regelmäßig überprüft werden. Solange hier das Brustzentrum, das den Befund ebenfalls bekommt, nicht interveniert, steht meiner nächsten Chemo in einer Woche nichts im Weg. Über diese positive Nachricht freue ich mich natürlich sehr. Auch mit der Behandlung meiner Thrombose bin ich auf einem guten Weg. Lediglich die Nierenwerte müssen unter der Tablettengabe überwacht werden und in drei Monaten habe ich einen Ultraschall-Kontrolltermin. Was für ein guter Tag.
Dem geplanten Ausflug nach Limburg stand also nichts mehr im Weg. Ich habe mich in den letzten Tagen schon so darauf gefreut. Mal wieder ein gemeinsamer Abend außer Haus. Wie zu erwarten war, ist es im Sushi-Restaurant nicht sehr voll. Das ist gut, denn so kann ich ohne Maske sitzen. Es ist ein Running-Sushi mit All You Can Eat. Wir plaudern ein wenig mit der Inhaberin, die hinter dem Tresen steht und das Sushi zubereitet. Sie ist sehr aufmerksam und fragt uns immer wieder, worauf wir Lust haben und was sie zubereiten kann. Es ist einfach so lecker und ich bin froh, dass meine Appetitlosigkeit immer nur für kurze Zeit anhält. Wir schlagen uns beide den Bauch voll – Carsten hatte 18 Teller und ich kam auf ganze 14 Teller, wie in alten Zeiten.
Bis zur Veranstaltung war noch gut eine Stunde Zeit und wir entschlossen uns zu einem abendlichen Spaziergang durch die Limburger Altstadt. Es ist nicht viel los, da die meisten Geschäfte bereits um 18 Uhr schließen. Zum Abschluss bummeln wir noch durch ein großes Kaufhaus und begeben uns dann langsam zum Veranstaltungsort, der Limburger Stadthalle. Bisher waren wir noch nie hier, aber im Programm sehen wir, dass es doch noch weitere interessante Events gibt. Das wird also sicher nicht unser letzter Besuch hier gewesen sein.
Das Haus ist voll, nur wenige Plätze sind noch frei. Die beiden Magier ziehen das Publikum in ihren Bann. Einige der Zuschauer werden in die Zaubertricks involviert, zum Glück sitzen wir sehr weit hinten im Saal. Am meisten beeindruckt hat mich die Hypnose fünf Zuschauerinnen auf der Bühne. Ich finde das faszinierend und wir rätseln wie so etwas funktionieren kann. Wir beide sind solche Kontrollfreaks, bei uns würde das wohl sicher nicht klappen. Das Programm dauert insgesamt zwei Stunden und die Zeit vergeht wie im Flug. Es ist so schön, einfach mal abschalten zu können von unserem derzeitigen Alltag. Ich trage die gesamte Zeit meine Maske, das einzige äußere Zeichen für meine Krankheit. Ansonsten sieht man es mir nicht an, dass ich gerade gegen den Krebs kämpfe. Hier bestätigt sich die Aussage meiner Ärztin – mit einer Perücke kann man weitestgehend unauffällig im Publikum sitzen und den Event genießen. Hätte ich mit meiner Glatze hier gesessen, wäre das sicher nicht so gewesen.