
Meine „Weihnachtsplanung“ steht fest
Nun habe ich endlich meinen medizinischen Fahrplan bekommen, auch wenn er anders aussieht, als ich ihn mir gewünscht habe. Der OncoType Test meines Tumorgewebes hat ergeben, dass das Rückfallrisiko erneut an Krebs zu erkranken doch höher ist als gedacht. Die Mediziner empfehlen mir zunächst mit einer Chemotherapie zu starten. Danach erfolgt Bestrahlung und OP. Das ist ein fettes Brett und hat mich kurz nachdenklich gemacht. Bis zuletzt hatte ich gehofft, dass eine OP ausreichend sein wird. Die Ärztin klärte mich über alles genau auf, meine Fragen wurden sehr gut und ausführlich und vor allem verständlich beantwortet. Die Anti-Hormon-Therapie, die bereits gestartet wurde, wird auch nach der Chemo weiter fortgesetzt, denn die Hormonproduktion muss unterdrückt werden. Ich habe diesem Therapievorschlag zugestimmt, ich vertraue in die Medizin und den Medizinern.
Somit steht meine „Weihnachtsplanung“ schon im November fest, denn ich werde mit vier Chemos alle zwei Wochen starten. Weihnachten wird also zwischen den Chemotherapien stattfinden. Wie das wohl sein wird? Wie es mir wohl gehen wird? Wie wird es für meine Familie sein? Nach den ersten acht Wochen folgen noch 12 wöchentliche Chemos mit einem anderen Medikament. Ich werde meine Haare verlieren und muss mir Gedanken darüber machen, ob ich eine Perücke tragen möchte oder selbstbewusst zur Glatze, dem Zwiebelkopf, stehen werde. Oder werde ich doch eine Mützenträgerin? Bisher mochte ich Mützen nicht wirklich, da meine Frisur danach immer „im Eimer“ war und ich einen Bad-Hair-Look hatte. Wenn da keine Haare mehr sind, gehen natürlich auch Mützen. Schöne Mützen in vielen Farben passend zum Outfit.
Das ist schräg, dass ich mir nun über solche Dinge Gedanken machen muss. Und die Ärztin brachte auch noch einen wichtigen Punkt – eine Perücke lässt einen rein äußerlich unter Menschen nicht so sehr auffallen. Man wird nicht permanent angestarrt. Mit einer Glatze wird man direkt als krank eingestuft und da muss ich ihr leider recht geben. Es gibt nicht viele gesunde Frauen mit einer Glatze. Männer mit Glatze sieht man hingegen häufiger. Im Wartezimmer sind reichlich Flyer von Zweithaar-Anbietern. Ich nehme einige davon mit und schaue mir das in Ruhe zu Hause an. Solange ich meine Haare noch habe, muss ich das angehen, denn dann kann die Perücke ähnlich meiner jetzigen Frisur gestaltet werden.
In den kommenden Tagen muss mir noch ein Port in die Vene gesetzt werden, über den ich die Chemos bekomme. Dies ist ein kleiner Eingriff unter örtlicher Betäubung oder bei Bedarf auch unter Narkose. Ebenfalls steht noch eine Herzuntersuchung aus, da die Chemo für den gesamten Kreislauf sehr belastend sein wird. Mit einem EILT-Vermerk geht meine Akte und die Anforderung für das Legen eines Ports in die dafür zuständige Abteilung, die sich mit einem Termin bei mir melden wird.
Die letzten Wochen mit der Diagnose und ohne Fahrplan waren zermürbend. Diese Ungewissheit über die Art der Behandlung und mit dem Wissen, dass Paul sich in meiner Brust ausbreitet. Jetzt gibt es einen Weg, den ich gehen kann und werde. Ich bin im Tunnel und am Ende des Tunnels ist ein Licht. Ich sehe das Licht und dort muss ich hin. Ich werde alles dafür tun.