Allgemein

Kleine Auszeit

Wir waren die letzten beiden Tage auf einem Kurztrip mit unserem Camper in Thüringen unterwegs. Wir sind beide in Thüringen geboren und haben noch Familie dort, die wir besucht haben. Ich treffe zum ersten Mal nach der Diagnose auf meine Eltern und bin überrascht, wie stark und optimistisch sie damit umgehen. Sie denken genauso positiv wie ich – diese Diagnose ist kein Todesurteil mehr in der heutigen Zeit. Ich bin erleichtert, denn schließlich bin ich selbst Mutter und weiß welche Gefühle man entwickelt, wenn das eigene Kind erkrankt. Beide werden mir ebenfalls eine große Stütze in dieser Zeit sein, auch wenn uns 300 km trennen und wir uns nicht sehr häufig sehen können.

Meine Mutter ist ehrenamtlich in einem Handarbeitstreff engagiert und hat den Frauen dort von meiner Diagnose erzählt. Sie senden mir alle gute Wünsche und ein Herzkissen. Die Herzkissen bekommen Brustkrebspatientinnen nach der OP, damit der Lymphfluss angeregt wird. Ob ich es brauchen werde, weiß ich noch nicht, aber ich finde das eine sehr schöne Geste. Ich denke auch für meine Mutter ist es wichtig, mit anderen Frauen darüber zu sprechen. Sie sagte mir, nach unserem Telefonat, in dem ich ihr von meiner Diagnose erzählte, hat sie eine ganze Tafel Schokolade gegessen – irgendwie lustig, aber sicher eine Reaktion, um auch die eigenen Nerven beruhigen zu können. Jeder hat eben seine eigene Art damit umzugehen und auch die Angehörigen im Umfeld eines Krebspatienten brauchen Aufmerksamkeit. Sie kommen oft zu kurz, da der Betroffene und die Krankheit im Fokus stehen.

Auf dieser Reise habe ich noch zwei Familienmitglieder getroffen, die ebenfalls Krebs haben. Einer feierte seinen 80.Geburtstag, nachdem er vor 5 Jahren die Diagnose Blasenkrebs erhalten hat. Es geht ihm heute wieder gut. Er lebt mit einer Niere, da diese entfernt werden musste und geht regelmäßig mit gemischten Gefühlen zur Kontrolle beim Urologen. ABER – er lebt und hat den Krebs besiegt.

Einer anderen Angehörigen geht es leider nicht so gut. Sie hat im August 2024 die Diagnose multiples Myelom erhalten, eine Art Knochenkrebs, der bedauerlicherweise schnell voranschreitet und sich im Körper ausbreitet. Nach einer Fehlbehandlung auf Hexenschuss mit unklaren Rückenschmerzen seit dem Frühjahr, stellte sich heraus, dass der Krebs die Wirbelsäule sehr stark befallen hat. Innerhalb von wenigen Monaten geht es von einem selbstbestimmten noch recht fittem Leben mit 78 Jahren vom Krankenhaus direkt ins Pflegeheim. ABER – sie versprüht so einen Lebenswillen, denkt nicht ans Aufgeben und zeigt sich kämpferisch. Ans Bett „gefesselt“ erträgt sie das mit einer unglaublichen Stärke. Ich bewundere diese Frau dafür.

Natürlich kommen in mir nach diesem Wochenende auch gemischte Gefühle auf. Wie wird mein Leben mit dem Brustkrebs verlaufen? Ich habe keine Endzeitstimmung, dafür sind die Heilungschancen einfach zu gut. ABER – es ist immer noch KREBS und nicht irgendein Schnupfen, den ich mit einem Dampfbad behandeln kann.