
Die letzte Chemo
Wegen des Maifeiertages wurde meine Chemo in dieser Woche auf Freitag verschoben. Den Feiertag habe ich ganz entspannt auf der Terrasse verbracht, es war traumhaftes Wetter. Am Abend wurden ein paar Thüringer Würstchen gegrillt und dazu gab es einen leckeren Kartoffelsalat. Es ist Freitagmorgen, ein letztes Mal aufstehen für die Chemo, ein letztes Mal die Chemo-Tasche packen. Da heute ein Brückentag ist, verläuft die Autofahrt sehr entspannt, da nicht viel Verkehr ist um 7.30 Uhr morgens. Wir sind kurz nach acht Uhr an der Klinik, aber die Chemo-Plätze in der Onko-Ambulanz sind alle schon belegt. Zum Glück habe ich einen Stammplatz neben meiner Mitstreiterin und Gesprächspartnerin, den die Schwestern immer schon reservieren. Es ist erstaunlich ruhig auf der Station, dafür dass diese Woche ein Therapietag weniger war. Schon ein komisches Gefühl heute das alles ein letztes Mal zu erleben. Die Menschen, die hier arbeiten, sind mir in den letzten fünf Monaten ans Herz gewachsen und auch einige meiner Mitpatientinnen. Ich fühle mich hier gut aufgehoben, kompetent betreut.
Der Abschied ist schon etwas emotional, mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Man sagt nicht „Auf Wiedersehen“, sondern ein einfaches „Tschüß“. Denn wiedersehen wollen wir uns hier zur Chemo natürlich nicht. Ich habe mich hier wohlgefühlt, wenn man das in solch einem Setup sagen darf. Aber den größten Anteil an daran hat einfach das Personal. Im Auto macht sich Erleichterung in mir breit und große Freude kommt auf, sechzehn Chemotherapiezyklen liegen hinter mir. Ein riesiger, erster Meilenstein ist geschafft. Ich bin stolz auf mich selbst und meinen Körper, der die letzten Monate, bis auf wenige Ausnahmen, super durchgehalten hat. Meine mentale Stärke und mein Mindset haben mich gut durch die teils schwierige Zeit kommen lassen. Es gab Höhen und Tiefen, gute und schlechte Tage. Ich habe viel über mich selbst gelernt, habe mir für diese Zeit auch vieles vorgenommen, was ich nicht im Ansatz geschafft habe. Zahlreiche ungelesene Bücher liegen im Schrank und Klavier spielen kann ich auch noch nicht. Ist das schlimm? NEIN! Alles kann, nichts muss und nach diesem Motto lebe ich im Moment.
In dieser Woche habe ich auch meinen neuen weiteren Therapie-Fahrplan bekommen. Es geht mit einem Chemo-Abschlussgespräch inklusive einer Stanzbiopsie am Tumor bei meiner behandelnden Ärztin Mitte Mai weiter. Kurz darauf folgt das Planungsgespräch in der Strahlentherapie für fünfzehn Bestrahlungen. Ich erhalte ein Studientagebuch, da ich Teilnehmerin der Neorad-Studie bin. Dort sind alle weiteren Vorgehen mit Zeitrahmen, aber noch ohne konkrete Termine aufgelistet. Der Weg ist noch lang und ich werde noch viel Zeit in der Hochtaunusklinik verbringen. Aber all das bringt mich meinem Ziel – krebsfrei bis Ende des Jahres – ein Stück näher, unerwartete Zwischenfälle natürlich nicht eingeplant.
Und zum Abschluss des Tages habe ich mich mit den beiden Frauen, mit denen ich mich während der Chemo angefreundet habe, zu einem Ernährungsworkshop für Ende Mai angemeldet. Dieser ist kostenfrei für Krebspatienten der Hochtaunusklinik und endet neben dem gemeinsamen Kochen mit einem gemütlichen gemeinsamen Abendessen. Ich freue mich darauf. Das wird wohl mein erster Abend werden, an dem ich mal wieder allein unterwegs bin. Vielleicht darf ich dann mit meinem gebrochenen Bein auch schon wieder voll auftreten, denn am selben Tag habe ich die Röntgenkontrolle beim Orthopäden. Das wäre ja glatt noch ein Grund zum Feiern.