
Wochenend & Sonnenschein
Es ist Samstag, Tag zwei nach der Chemo. Die letzte Nacht war verdammt kurz. Nachdem ich 3 Uhr morgens wieder eine Tablette einnehmen musste, konnte ich nicht wieder in den Schlaf zurückfinden. Ich wälzte mich im Bett herum und beschloss schließlich um 4.30 Uhr aufzustehen und wechselte auf die Couch. Bei gedämpften Licht und leichter Radiomusik lag ich nun hellwach im Wohnzimmer. Ich vertrieb mir etwas die Zeit in den sozialen Medien. Zum Glück ist Wochenende und es stehen keine Termine an, da ist es eigentlich egal wann und wie viel ich schlafe. Ein paar Minuten Schlaf wären aber dennoch ganz gut. Ich legte etwas Meditationsmusik auf und konzentrierte mich ganz auf mich selbst und meinen Körper. Zwei Stunden später wurde ich von Geräuschen im Haus geweckt, da Carsten mittlerweile aufgestanden war. Auch wenn ich letzte Nacht nicht sehr viel und vor allem nicht gut geschlafen habe, fühle ich mich dennoch nicht schlapp.
Ich habe keine Schmerzen, keine Übelkeit und wir beschließen nach dem Frühstück einen Bummel durch die Limburger Altstadt zu machen. Ausgestattet mit einer Gesichtsmaske durchstreifen wir ein paar Läden und den Wochenmarkt. Meine Ausbeute sind unter anderem drei Mützen, die ich in den kommenden Wochen brauchen werde. Die fragenden Blicke der Menschen spürt man ganz deutlich, wenn man mit einer Maske einen Laden betritt. Und dabei sehe ich im Moment noch gar nicht so krank aus, da ich meine Haare noch habe. Da muss man jetzt drüberstehen. Es ist zu meinem Eigenschutz, um die gängigen Krankheitserreger der Winterzeit von mir fernhalten zu können.
Der Sonntag startet mit einem entspannten und ausgiebigem Frühstück, obwohl sich mein Appetit in Grenzen hält. Aber wir genießen die gemeinsame ruhige Zeit und reden über Gott und die Welt. Natürlich auch immer wieder darüber, wie es mir geht und wie sich unser Leben mit der Diagnose und den vielen Behandlungen nun ändern wird. Die letzte Nacht war für mich sehr erholsam und ich möchte mit einem leichten Sportprogramm in den Tag starten. Eine gewisse Routine in meinen Alltag zurückbringen. Ich rolle meine Yogamatte auf dem Boden aus und starte mit dem Pilates-Yoga-Mix von Gabi Fastner bei Youtube. Es fühlt sich gut an. Das hat meinem Körper gefehlt. Die Narbe der Port-OP verheilt sehr gut und bereitet mir keine Probleme. Ich kann alle Übungen für Bauch, Beine und Po in fast alt gewohnter Kondition mitmachen. Die entspannende Dusche nach dem Sport macht es zu einem perfekten Start in den Tag.
Ein ruhiger Sonntag, den ich mit ein wenig backen verbringe und Carsten erledigt ein paar Gartenarbeiten. Am Nachmittag lockt uns der Sonnenschein nach draußen und lädt uns zu einem ausgiebigen Spaziergang übers Feld ein. Die frische Luft und die Sonne tun so gut. Ich atme tief durch und genieße einfach. Aber der Spaziergang strengt mich auch ein wenig an. Mein Kreislauf läuft leider nicht so rund wie sonst. Ich glaube, die Chemo haut nun richtig rein, da ich auch keine Begleitmedikamente mehr nehme. Das sind jetzt die neuen Grenzen, die mir mein Körper aufzeigt. Meine Belastbarkeit verringert sich und ich bin schneller schlapp. Und da stehe ich gerade mal am Anfang der Therapie. Ich hoffe, das pendelt sich irgendwann ein.