
Familienzeit
Meine Familie ist im Moment das Wichtigste für mich. Sie gibt mir die nötige Kraft und den Rückenhalt, auch wenn ich die Behandlung allein durchstehen muss. „Versuchen sie so gut es geht ihren Alltag weiterzuleben“, sagte Schwester Heike, die Brustschwester in der Klinik, am OP-Tag zu mir.
Es ist Samstag, der Tag vor dem ersten Advent 2024, es ist kalt, die Sonne scheint und es ist strahlend blauer Himmel. Ein perfekter Tag für einen Familienausflug mit unseren Kindern, Schwiegerkindern und unserer Enkelin zum Weihnachtsbaumschlagen. Auf einem nahegelegenen Hof im Taunus können Weihnachtsbäume gekauft oder selbst gesägt werden. Carsten und ich waren bereits im letzten Jahr hier, dieses Jahr wird es ein Familienevent. Am Eingang der Baumplantage können Bügelsägen ausgeliehen werden, das ist deutlich besser als unser mitgebrachter Fuchsschwanz. Vierundzwanzig Tage vor Heiligabend ist hier noch nicht allzu viel los, was sehr angenehm ist. Aber dennoch sind die Parkplätze der unbefestigten Weges- und Waldränder gut gefüllt.
Wir ziehen alle los auf der Suche nach dem perfekten Weihnachtsbaum – zwei Meter hoch soll er sein und schön dicht gewachsen. Schnell haben wir ihn gefunden und Carsten beginnt zu sägen. Unsere Enkelin hat große Freude dabei zuzuschauen, bis der Baum schließlich „fällt“. Nachdem alle einen schönen Baum gefunden haben, gibt es noch ein Familienfoto zum Abschluss. Alle Bäume werden in den Autos verstaut und wir fahren zum gemeinsamen Kaffeetrinken in unser Zuhause. Bei Stollen, Lebkuchen und Spekulatius plaudern alle munter durcheinander. Die Stimmung ist gelöst und wir haben keine Gedanken an meinen Brustkrebs, die bevorstehende Chemo oder ähnliches. Meine OP liegt nun drei Tage zurück und ich kann mich immer besser bewegen, die Schmerzen werden weniger, nur beim Atmen tut es noch ein wenig weh. Die Wunde verheilt gut, heute Morgen habe ich den ersten Pflasterwechsel gemacht. Unserer Enkelin erklären wir, dass die Oma ein Aua hat und sie etwas vorsichtig sein muss.
Am frühen Abend zieht noch eine Karawane bunt und weihnachtlich geschmückter Traktoren auf der Sternfahrt durch unser Dorf und es kommt bei eisiger Kälte so richtige Weihnachtsstimmung auf. Es ist so schön und ich bin so froh, dass alle Kinder bei uns sind und wir alle so ein gutes Verhältnis miteinander haben. Das ist genau die richtige Einstimmung auf die Adventszeit und die willkommene Ablenkung für mich.