Knocheninfusion
Seit meiner letzten Blutentnahme sind vier Wochen vergangen. Diese Woche stand wieder eine Kontrolle im Kalender, sowie die Knocheninfusion mit Zometa, die ich halbjährlich aufgrund der Osteoporose benötige. Beides wird in der onkologischen Ambulanz im Brustzentrum durchgeführt. Nun lag ich als fünf Monate nach meiner letzten Chemotherapie wieder auf einem dieser Stühle und bekam eine Infusion, die eine halbe Stunde „Laufzeit“ hatte. Einerseits war es komisch dort zu liegen, aber andererseits auch sehr vertraut. Ich habe einige Mitpatientinnen getroffen, die ich während meiner Chemo kennengelernt habe und so hatten wir einiges zu erzählen. Wir begegnen uns nur sehr wenig – entweder zur Blutentnahme oder beim Patiententreffen, der Herzensrunde, oder beim Ernährungsworkshop, der vom Förderverein der Klinik angeboten wird. Ansonsten geht jeder seinen Weg, in seinem Alltag und mit seiner Behandlung. Aber wenn man sich trifft, ist es auch immer wieder schön.
So vergeht die halbe Stunde, in der ich an der Infusion hänge, wie im Flug und ich bin schnell wieder draussen und kann meinen Termin mit der Filialleiterin im dm-Markt in Oberursel wahrnehmen, der uns mit Sachspenden bei unseren Fotoshootings für unSICHTBAR unterstützen wird. Am Nachmittag war ich nochmals in der Klinik, denn es war der Termin für die Herzensrunde – ein Patiententreffen für Krebsbetroffene, das von den Onkoschwestern regelmäßig organisiert wird. Dort treffe ich auf eine Patientin, die mit ihrer Chemo gestartet ist, als ich gerade fertig war. Wir hatten zwei gemeinsame Chemotermine und ganz nette Gespräche. Ich habe sie fast nicht wiedererkannt, denn nun hatte auch sie eine Glatze. Aber ich habe mich riesig darüber gefreut, denn man begegnet sich tatsächlich nur sehr wenig. Auch wenn wir immer noch regelmäßig in der Klinik sind, ist jeder zu einer anderen Zeit da und somit eine Begegnung eher zufällig und selten. Um so größer ist die Freude des Wiedersehens.
Diesmal sitzen in dieser Runde mehrere Frauen, die noch eine Glatze tragen und es kommt mir teilweise befremdlich vor und ich werde nachdenklich. Vor fünf Monaten sah ich noch genauso aus und kann mich kaum noch daran erinnern. Man verdrängt sehr vieles und vergisst auch einiges. Die Aufarbeitung des Geschehenen passiert tatsächlich erst nach der Therapie, wenn es zeitliche Lücken dafür gibt. Viele Krebspatienten struggeln damit und kommen nur schwer wieder zurück in ihren Alltag. Ich habe ausreichend Ablenkung und bin zum Glück nicht in dieses „schwarze Loch“ gefallen. Meine Idee ist es genau für diese Menschen Angebote innerhalb von unSICHTBAR zu etablieren. Für die Zeit danach, wenn keine regelmäßigen Arztgespräche mehr stattfinden und man total verunsichert ist, ob wirklich alles in Ordnung ist, obwohl der Körper sich anders anfühlt. Wenn man wieder einer von 80 Millionen ist.
