Ein Jahr
Wie schnell vergehen 365 Tage? Was passiert in 365 Tagen? Ein Jahr ist lang, aber dann doch wieder recht kurz. Und es fühlt sich noch kürzer an, wenn man gegen den Krebs kämpft. Ein Jahr vergeht wie im Flug. Erinnerungen verblassen, aber der Moment am 09. Oktober 2024 als die Ärztin im Brustzentrum eine Stanzbiopsie machte und mich mit den Worten entließ, dass es ein bösartiger Tumor sein könnte, hat sich tief eingeprägt. Die Situation war so surreal. Ich habe nie geglaubt, dass ich diese Worte einmal hören würde. Dass ich mich mit einer Krebserkrankung auseinandersetzen müsste. Und von einem Moment auf den anderen ändert sich dein Leben. Carsten hat mich zwar zu dem Termin begleitet, blieb aber im Wartezimmer sitzen. Schließlich ging ich davon aus, dass es ein altes Blutgerinnsel von meinem Sturz im Juni sei. Nach der Untersuchung gingen wir zum Auto und ich erzählte von der Biopsie. Ich verharmloste das alles immer noch. Aber im Auto ging ich das Gespräch mit der Ärztin in Gedanken noch einmal durch und sprach es aus – bösartig. Da stockte mir der Atem und mir wurde bewusst, was das bedeuten könnte. Wobei ich mir das gesamte Ausmaß solch einer Behandlung nicht vorstellen konnte. Wir fuhren nach Hause und beschlossen niemandem davon zu erzählen, solange es keinen eindeutigen Befund dazu gibt.
Wenn ich heute so darüber nachdenke, fühlt es sich immer noch sehr unwirklich an. Aber ich habe ein Jahr gekämpft und nie einen Zweifel daran gehabt, dass es nicht gut ausgehen könnte. Ich glaube, das hat mich durch diese Zeit getragen. Das Jahr war kräftezehrend und mein Körper ist ausgelaugt. Meine körperliche Fitness lässt noch zu wünschen übrig und hat noch Luft nach oben. Aber ich mache mir keinen Druck. Wenn etwas nicht geht, dann ist es eben so. Ich versuche gewisse Dinge zu trainieren, aber nicht mit einem großen Übereifer. Ich genieße das Leben und freue mich auf den Familienzuwachs. Und ich freue mich auf all das, was noch vor uns liegt.
Vor einem Jahr wusste ich zum Glück nicht, was alles auf mich zukommen wird. Manchmal wünscht man sich in die Zukunft schauen zu können, aber in solchen Momenten ist es gut, dass wir das nicht können. Wir würden versuchen einzugreifen und unsere eigene Geschichte zu ändern. Wir kennen unsere Geschichte nicht und auch den Sinn unseres Lebens, aber gerade das macht es doch so wertvoll, dem eigenen Leben den richtigen Sinn zu geben. Diese Krankheit hat mir Chancen gegeben und diese werde ich nutzen. Ich möchte Mutmacherin für Menschen sein, die in ähnlichen Situationen sind, die ich selbst erlebt habe. Ich möchte diese Menschen sinnbildlich an die Hand nehmen und sie bestärken. Wir denken, wir haben uns verloren während der langen Therapiezeit, dabei haben wir nur eine stärkere Version von uns selbst gefunden. Denn wir haben all das durchgestanden.
