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Der Arzt für die guten Nachrichten

Letzten Freitag hatte ich meinen vierteljährlichen Check beim Kardiologen. Er nimmt sich viel Zeit und macht eine eingehende Untersuchung meines Herzens. Er vermisst die Kammern und betrachtet den Blutfluss. Mein Herz sitzt noch immer am rechten Fleck und tut, was es soll, verlässlich arbeiten ohne Einschränkungen. Wir sind also unbeschadet durch die Chemotherapie gekommen, zumindest was das Herz angeht. Zum Abschluss gibt er mir noch den Wunsch mit auf den Weg, dass er gern der Arzt für die guten Nachrichten bei mir wäre. Da bin ich natürlich gern dabei, ihm das auch zu erfüllen. Wir bleiben zunächst bei der vierteljährlichen Kontrolle, bis meine behandelnde Ärztin im Brustzentrum etwas anderes sagt. Wir sehen uns also im Dezember wieder und dann ist auch schon fast Weihnachten.

Am Sonntag stand ein Flohmarktbesuch auf unserem Programm. Die gesamte Limburger Innenstadt verwandelte sich in ein Meer aus Flohmarktständen. Bei wunderschönem Wetter konnte ich ein paar Schnäppchen für mein Projekt unSICHTBAR ergattern. Zum Abschluss gab es noch einen leckeren Eisbecher. Zu Hause betrachtete ich meine Ausbeute und war ganz zufrieden damit. Es sind bereits ein paar Kleiderspenden für mein Fotoprojekt mit Krebspatienten eingegangen. Noch lassen sich die Sachen in zwei Stapelboxen in unserem Schlafzimmer lagern. Aber bald werde ich mir sicher Gedanken machen müssen, wo wir die Kleidung & Utensilien dauerhaft unterbringen können. Aber soweit ist es noch nicht.

Die neue Woche startete relativ ruhig. Am Montag fand in der Hochtaunusklinik wieder die Herzensrunde statt. Ein Treffen für Krebspatienten, die in der Klinik in Behandlung sind oder waren und das Ganze wird geleitet von den Onko-Schwestern Heike und Lilli. Ich finde es nach wie vor noch sehr schön mich mit anderen Patienten austauschen zu können, auch wenn meine Akuttherapie vorbei ist und ich deutlich weniger in der Klinik bin, als noch vor einem halben Jahr. Da auch in der Klinik für unSICHTBAR Werbung gemacht wird, war das natürlich auch eine perfekte Möglichkeit für mich in dieser Runde über das Projekt zu berichten. Vielleicht konnte ich die ein oder andere davon begeistern und sie einfangen, um mitzumachen. Schließlich braucht es viel Mut, sich in so einer Zeit vor eine Kamera zu stellen und unbeschwerte Fotos zu machen.

Der Dienstag war ein ganz wunderbarer Tag. Es regnete und draußen war es ziemlich herbstlich, während ich drei Kilogramm Äpfel zu Apfelmus verarbeitet habe, die wir von Freunden geschenkt bekommen haben. Bis zum Wochenende verziehen sich hoffentlich die dunklen Wolken wieder, denn es ist das Wochenende, an dem ich meine Happy-Life-Party feiern werde. Eine Feier, die ich mir von Beginn der Diagnose gewünscht habe, einfach das Leben mit lieben Menschen feiern, wenn ich alles hinter mir habe. Unbeschwert lachen, tanzen und viele tolle Gespräche führen. Allen Grund dazu habe ich auf jeden Fall. Mir geht es gut, ich habe den Krebs besiegt und Paul vertrieben, hoffentlich für immer. Ebenso am Dienstag hatte ich ein Telefonat, dass mir zeigt – ich bin auf dem richtigen Weg. Seit ich darüber nachdenke, das Fotoprojekt für Krebspatienten im Großraum Frankfurt umzusetzen, passieren wundervolle Dinge. Ich lerne viele nette Menschen kennen, die mich dabei unterstützen wollen. Selbst unsere älteste Tochter und unsere Schwiegertochter helfen mir bei der Betreuung der Social Media Kanäle. Das Projekt, die Idee fängt an zu leben. Der erste Fototermin steht fest und wir haben bereits drei Teilnehmerinnen für diesen Termin. Und dann meldet sich ganz unvorbereitet eine Redakteurin vom Hessischen Rundfunk bei mir, da sie unseren Post auf Facebook gesehen hat und dieses Projekt großartig findet. Es soll ein Beitrag über uns und das Fotoprojekt gedreht werden. Ich bin sprachlos, überwältigt und einfach nur glücklich. Das ist mein neuer Weg. unSICHTBAR konnte ich nur ins Leben rufen, da ich selbst betroffen bin und die Erfahrung in München machen durfte. Manchmal denke ich, dass ich träume. Aber es ist kein Traum. Ich lebe und ich bin zurück im Leben und gebe Gas. Ich möchte anderen Menschen Mut machen und sie mit auf diese Reise nehmen.

Erinnert ihr euch noch an einen meiner ersten Beiträge hier im Tagebuch, in dem ich mir mein Leben wie ein Museum vorstelle und jeder Lebensabschnitt ein Raum in meinem eigenen Museum ist? Die Tür zum Raum mit der Krebsdiagnose, der langwierigen Therapie und all dem, was in dieser Zeit geschehen ist, schließt sich langsam. Und somit ist es Zeit einen neuen leeren Raum zu betreten und ihn mit Leben zu füllen. Und das ist ein wunderbares Gefühl, denn ich kann bestimmen, was in diesen Raum hinein soll. Ich gestalte diesen Raum gerade. Was mit einer Idee im April begann, wird nun Wirklichkeit und ich habe keine Ahnung wohin mich das tragen wird. Aber es fühlt sich so gut an.