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Sowas wie Alltag

Seit drei Wochen kann ich wieder Alltag leben. Vor drei Wochen war meine letzte Bestrahlung. Ich befülle meinen Kalender mit eigenen Terminen, dazwischen finden sich aber immer noch diverse Arzttermine. Das wird auch dieses Jahr noch so bleiben. Sicher nicht mehr ganz so hochfrequent, aber es gibt noch einige Kontrolltermine, die anstehen werden. Ich versuche, einen neuen Alltag für mich zu finden. Den Platz auf dem Sofa habe ich nun teilweise durch meinen Platz am Schreibtisch ersetzt. Ich mache mir Gedanken, wie es weitergehen kann, wenn die Akuttherapie endgültig vorbei ist. Meine freiberufliche Tätigkeit als Vereinsberaterin liegt ebenfalls brach, aber ich hatte in dieser Woche bereits eine Video-Konferenz mit einer Gründerin eines Vereins, die mich um Unterstützung gebeten hatte. Ein sehr inspirierender Termin, ein toller Austausch, der mir richtig Freude gemacht hat. Ob und in welchem Umfang ich diese Tätigkeit aber wieder aufnehme, ist mir noch nicht ganz klar.

Auch weil ich derzeit eine eigene Projektidee verfolge – ich möchte für Krebspatienten im Rhein-Main-Gebiet die Möglichkeit schaffen ein kostenloses professionelles Fotoshooting zu machen. So eins, wie ich es selbst in München erleben durfte. Noch heute zehre ich von dieser tollen Erfahrung und erfreue mich am Anblick meiner Fotos. Diese Idee treibe ich im Moment sehr stark voran. Allerdings alles auf ehrenamtlicher Basis, aber mit viel Herzblut. Ein weiterer Gedanke und ein Wunsch, den ich schon einige Jahre habe, ist die Qualifizierung zur ehrenamtlichen Hospizbegleiterin. Im Januar 2026 könnte ich mit diesem Kurs starten. Auch hier bin ich noch am Überlegen. Gemeinsam mit meinem Co-Coach von startsocial verfolge ich eine Netzwerkidee zum Austausch unter Gleichgesinnten und für das aktuelle startsocial Beratungsstipendium, welches im November starten wird, habe ich mich auch bereits wieder als Coach angemeldet.

Ich sehe mich im Moment irgendwo im Orbit schweben – etwas orientierungslos, in einer Bubble. Aber mit der Chance, im eigenen Leben etwas zu ändern. Sobald etwas an mir vorbeischwebt, greife ich danach, schaue es mir an und denke darüber nach, ob das etwas für mich ist. Manches schmeiße ich zurück in den Raum und manches packe ich auf meine Liste und schaue es mir genauer an. Was von all dem übrig bleiben wird, kann ich heute noch nicht sagen. Aber ich finde es toll im Moment einfach diese Freiheit zu haben. Somit hatte diese Krebserkrankung auch etwas Gutes. Wann räumt man einmal so mit seinem Leben auf? Das ist alles noch mit halbem Tempo, aber ich versuche so langsam zurückzukehren.

In dieser Woche hatte ich noch einen Kontrolltermin beim Augenarzt, außer der Reihe, da ich seit der Chemo das Gefühl habe, dass sich meine Augen verschlechtert haben. Das Ergebnis – minimale Glaskörpertrübungen verursacht durch die Chemo und trockene Augen. Nachkontrolle in drei Monaten und die Empfehlung für eine Augenpflege mit Tropfen. Ebenfalls muss weiterhin engmaschig kontrolliert werden, wenn ich Tamoxifen für die Anti-Hormontherapie bekomme, da dieses Medikament auch Veränderungen an den Augen machen kann. Ob ich genau das Medikament bekomme, weiß ich noch nicht, zumindest hatte ich es schonmal für vier Wochen vor Beginn der Chemotherapie.

Da in dem Gebäude des Augenarztes auch eine große Radiologie ist, habe ich am selben Tag das Röntgen meiner rechten Ferse wegen des Verdachts auf Fersensporn machen lassen. Da man hierfür keinen Termin braucht, hatte ich mir genügend zeitlichen Puffer bis zum nächsten Termin eingebaut. Am Anmeldetresen meinte die Schwester bereits, es sei nicht voll und ich wäre zeitnah dran. Ich saß kaum auf meinem Stuhl im Wartezimmer und wurde auch schon aufgerufen. Das Röntgenbild war fertig und ich bekam direkt meinen QR-Code für den Befund in die Hand. Somit war ich nach nicht mal zehn Minuten wieder raus aus der Radiologie, mit dem Ergebnis, wen wundert´s – ein Fersensporn. Ende des Monats habe ich meinen Kontrolltermin beim Orthopäden, da werde ich es direkt mit ansprechen. An manchen Tagen kann ich nicht laufen, da ein heftiger Schmerz die Ferse durchzieht. Teilweise unterdrücke ich die Schmerzen mit Ibuprofen, damit ich wenigstens mal vor die Tür kann zu einem Spaziergang. Alles nicht schön, aber das muss jetzt noch bis nach der Brustoperation warten. In Vorbereitung darauf habe ich mir gestern im Sanitätshaus meinen Kompressions-BH abgeholt. Dieser wurde mir auf Rezept verschrieben und ich werde ihn für mindestens vier Wochen nach OP tragen – Tag und Nacht. Meine Ärztin gab mir noch den Tipp ihn in der Farbe Schwarz auszuwählen, da in der OP großflächig mit brauner Desinfektionslösung gearbeitet wird, die dann auch auf die Kleidung abfärben kann.

Am Wochenende werden wir noch mit Freunden grillen und dann geht´s an die OP-Vorbereitung. Nächste Woche um die Zeit habe ich alles schon hinter mir.