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Ruhiges Fahrwasser

In den letzten Tagen ist es bei uns etwas ruhiger geworden. Wir haben endlich mal wieder Zeit für andere Dinge. Unser Alltag ist nicht nur von Arzt- oder Therapieterminen geprägt. Am Samstag war der Junggesellenabschied für unsere Tochter, deren freie Trauung wir im Juni feiern werden. Ein entspannter Tag mit vier Mädels und einigen Überraschungen für die Braut. Bei einem leckeren Frühstück haben wir uns gestärkt, bevor es zum Schwarzlicht Minigolf ging. Auch mit dem Klumpfuß ganz gut zu bewältigen. Im Anschluss konnten wir unserer Kreativität beim Keramik bemalen freien Lauf lassen. Man sucht sich einen fertigen Keramikgegenstand aus und bemalt diesen nach den eigenen Ideen. Das waren sehr entspannte Stunden. Obwohl wir alle nicht sonderlich begabt sind im Malen, sind es doch ganz tolle Ergebnisse geworden. Die Keramik wird noch gebrannt und kann in vier Wochen abgeholt werden. Den Abend ließen wir dann bei einem afrikanischen Abendessen ausklingen. Ich denke, die Braut hat sich sehr darüber gefreut, denn sie hatte sich einen ruhigen JGA ohne die typischen Trinkgelage und Bettelgänge durch die Frankfurter Fußgängerzone gewünscht.

Den Sonntag verbrachte ich dann mehrheitlich wieder auf meinem geliebten Sofa, denn mein Fuß musste sich von den Strapazen des vorigen Tages erholen. Ich habe weder Krücken noch den Rollstuhl gebraucht und bin ausschließlich zu Fuß unterwegs gewesen. Mein Schrittzähler hat sich sicher auch gewundert, denn am Ende des Tages waren über 6000 Schritte auf meiner Uhr. Das hatte ich das letzte Mal vor über acht Wochen. Ich fand den Tag wunderbar, denn es war Zeit mit meinen Töchtern und meiner Schwiegertochter, aber auch einfach mal ein Tag außerhalb unserer Wohnräume und nicht in irgendwelchen medizinischen Einrichtungen.

Meine Physiotherapie für den Fuß ist seit letzter Woche abgeschlossen, nun heißt es fleißig zu Hause alle mir gezeigten Übungen zu praktizieren, und zwar regelmäßig. In dieser Woche darf ich laut Orthopäde den AirCast ablegen und mit der neuen, sehr viel kleineren und beweglicheren Orthese das Laufen lernen. Es wird eine große Umstellung, auch im Kopf. Der Stiefel hat mich über acht Wochen begleitet und mir gerade in den letzten Tagen auch Sicherheit beim Laufen ohne Krücken gegeben. Jetzt muss ich lernen darauf zu vertrauen, dass meine beiden Beine mich wieder ohne Hilfsmittel tragen können. Die letzten beiden Nächte habe bereits ohne AirCast geschlafen und es war eine Wohltat. Allerdings wird der nächtliche Toilettengang jetzt noch schwieriger, da ich erst den Stiefel wieder anziehen muss, um aufstehen zu können. Meine Blase hat sich aber in den letzten beiden Monaten ganz gut daran gewöhnt, des Nachts nicht Alarm zu schlagen, sodass ich diese Strapazen gar nicht erst auf mich nehmen muss.

Heute Morgen, es ist Dienstag, bin ich endlich mal wieder mit Frühsport in den Tag gestartet. Natürlich angepasst und abgestimmt auf meinen Fuß. Langsam kommt sowas wie ein normaler Alltag auf. Und ich habe mir von meiner Ärztin im Brustzentrum neue Armkompressionsstrümpfe verschreiben lassen, denn bei dem warmen Wetter brauche ich etwas zum Wechseln. Zwei Stück stehen mir pro Jahr zu, den letzten hatte ich bereits im letzten Jahr bekommen. Diesmal hätte ich aber gern etwas Farbiges, das Einheitsbraun habe ich langsam über. Ich musste drei Sanitätshäuser aufsuchen, bis ich auf eine sehr engagierte Mitarbeiterin gestoßen bin, die nach farbigen Kompressionsstrümpfen recherchiert hat und mir diese auch direkt bestellte. Gestern durfte ich sie abholen – Sunny Yellow und Powerful Pink ziehen nun in meinen Kleiderschrank ein. Wenn ich diesen Strumpf schon tragen muss, dann wenigstens in Schön.

Nächste Woche geht es weiter mit meiner Krebstherapie – ich starte in drei Wochen Bestrahlung. Körperlich fühle ich mich sehr gut. Ich habe keine Nebenwirkungen mehr – das Nasenbluten ist weg und meine Haare fangen wieder an zu wachsen. Ich habe bereits wieder einen ganz leichten Wimpernkranz am oberen Lid und auch an der Stelle, wo sonst Augenbrauen sind, kommen die ersten zarten Härchen.